Das Triathlon ein Lebensstil in allen Lebenslagen sein kann, ließ sich auch beim vierten Lauf der Augath-Tour erfahren. Schon die Anreise erforderte eine nicht unwesentliche Kondition, denn nach der Königsetappe mit Wendepunkt in Bissendorf, war nun die „Stadt der Wissenschaft“ Braunschweig das Ziel der zweiten Michels-Mannschaft. Mit einer Entfernung in der Dimension eines Baby-Radmarathons, liegt diese Perle Niedersachsens auch nicht gerade um die Ecke. Deshalb startete die Bruttozeitnahme um ungefähr 8:00 Uhr am Sonntagmorgen, und die Uhren sollten erst zwölf Stunden später wieder anhalten. Dazwischen lagen einige Leer- bzw. Wartezeiten, ein Wetterchaos und das richtige Timing auf der Rückreise.

Auf das nahezu zeitgleiche Eintreffen der sechsköpfigen Truppe plus zwei Mal Support bzw. Fahrbereitschaft folgte zunächst eine dreistündige Wartezeit. Die Veranstalter hatten es sich freigehalten, eine weitere Welle zu starten, und machten davon auch Gebrauch. So war der Start um eine halbe Stunde verschoben. Gegen halb zwei konnten sich das Feld der unteren Tabellenhälfte aber in das optimal temperierte Wasser stürzen. Ein gut zu ortender Dreieckskurs musste in drei Runden bewältigt werden und stellte mit zwei Landgängen knifflige Aufgaben an die Blutzirkulation. Hart am Maximalpuls entlang führte eine vergleichsweise lange Strecke in die Wechselzone, die mit ihrem langgezogenen Anstieg einen Vorgeschmack auf den anspruchsvollen Laufkurs gab. Kristin markierte mit 23:27 Minuten  den Anfang des Zeitkorridors der Michel-Schwimmzeiten, der durch den Autor 3 Minuten und 18 Sekunden später wieder geschlossen wurde.

Was der Lauf in die Wechselzone ahnen ließ, wurde bereits beim Radfahren Wirklichkeit. Beugte die Ausschreibung die Wahrheit über den Radkurs noch zu „flach bis wellig“, zeigte sich das tatsächliche Profil eher als wellig bis selektiv. Der aufkommende Wind trug sein Übriges dazu bei, dass die angeheizte Herzfrequenz nicht zur Ruhe kam. Mit wechselnden Befindlichkeiten lagen die Radzeiten daher zwischen 1:08:39 Stunden bei Patrick und 1:29:35 Stunden bei der Kurzdistanz-Debütantin Judith. Dazwischen stiegen Björn, Jesco, Kristin und Georg vom Rad, um die abschließenden vier Runden über 10 km zu bestreiten. Drei spürbare Anstiege mit Bergankunft im Ziel vermengten sich mit einsetzendem Regen zu einem weiteren Selektionskriterium - im wahrsten Sinne des Wortes, nur ohne Rad.

Hier demonstrierte Patrick zwei Wochen nach Frankfurt, was Super-Kompensation heißt und hämmerte eine tiefe 40 in den steinigen Boden. Man konnte nur über die Leichtfüßigkeit staunen, zu der el Presidente nach seinem 37er-Bruttoschnitt noch fähig war. Als Gesamt-21. kam er nach 2:13:36 Stunden ins Ziel. Georg und Björn folgten durch den einsetzenden strömenden Regen mit soliden 42er-Zeiten, mit denen sich die beiden im Mittelfeld zwischen 2:24:44 und 2:26:41 Stunden festsetzen konnte. Die Fortsetzung des Duells vom Vierlanden-Triathlon 2008 beflügelte hier sicherlich - im Gegensatz zu den zwei Litern Ballastwasser je Schuh. Es folgte Kristin mit wenigen Minuten Rückstand und einer Zeit von 2:31:17 Stunden, gleichbedeutend mit dem siebten Rang im Frauen-Gesamtklassement. Jesco lief voll in die wechselhaften Schauer hinein und wurde Opfer eines kleinen Einbruchs. Was mit einer Zwischenzeit von 1:42:52 Stunden gut begonnen hatte, ließ sich leider mit einer 53er-Laufzeit nicht fortsetzen. Für den HCM am Sonntag ist aber zu hoffen, dass das Gesetz der negativen Korrelation zwischen Generalprobe und Vorstellung gilt. Als Kind aus dem deutsch-niederländischen Grenzland ist Judith zwar eigentlich auf dem Rad geboren, konnte aber dennoch ein gewisses Defizit in dieser Disziplin an sich entdecken. Überraschend dagegen war ihre gute Schwimmleistung ebenso wie ihr Laufsplit, der mit einer tiefen 47er-Zeit auf gutes Verarbeitungsvermögen der Radstrecke schließen lässt.

Das Wetter war also nicht in allen Belangen optimal, Hauptleidtragende dessen waren die Streckensupporterinnen Claudia und Tina. Beiden wurde die Zeit zwischen ihren Fahrdiensten durch den strömenden Regen nicht gerade erleichtert. Daher einen Dank und Lob auch für diese Ausdauerleistung, die den beiden einen geteilten ersten Platz in der Wahl zur „Miss Persenning“ einbringt. Darüber hinaus haben es alle Mitreisenden geschafft, heil durch das abendliche Unfallchaos auf der A2 zu kommen, das sich schon nach einigen Kilometern begann abzuzeichnen. Auch hier stimmte das Timing.

Insgesamt war das Feld stark besetzt, so blickte zum Beispiel der letzte Michel „out of the water“ nach (nur?!?) ca. 27 Minuten in gähnende Leere hinter sich. Trotzdem wurde eine ordentliche Mannschaftsleistung gezeigt, die den niedersächsischen Triathlon-Großmächten zwar nicht standhält, dafür aber die innoffizielle Augath-Hamburg-Wertung gewinnt. Daher feiern wir den 19. Platz der Tageswertung und den Gesamtrang 17 in DDR-Manier als Sieg des Sozialismus über das Team des FC St. Pauli (Platz 20 – auf gute Nachbarschaft!), das fiese Wetter und generell das Schweinesystem. Es lebe die kognitive Dissonanz! Den 18 Teams vor uns gratulieren wir herzlich und werden sie in Wilhelmshaven wieder ausdauernd jagen. Hoffentlich in starker Besetzung, denn: Viele Jäger sind des Hasen Tod!

(Die Detailergebnisse stehen im Forum oder unter www.triathlon-team-bs.de bzw, für die Augath-Wertung unter www.tri-speedys.de, mehr zur kognitiven Dissonanz unter http://sz-magazin.sueddeutsche.de/texte/anzeigen/3532)

Autor: Björn vom Hofe