Als ich im Januar 2004 Mitglied der Tri-Michels wurde, folgte auch gleich eine Einladung für ein Rad- Trainingslager im Harz. Da ich u.a. auch deswegen Mitglied der Tri-Michels wurde, um gemeinsam mit Gleichgesinnten zu trainieren, meldete ich mich umgehend an. Heraus kam ein anstrengendes Wochenende bei durchwachsenem Wetter und 200 Radkilometern. Das Harz-Trainingslager 2005 unterschied sich aber in fast allen Belangen vom Trainingslager 2004. Es war länger (zumindest für diejenigen, die dies wollten), es waren doppelt so viele Teilnehmer (es hatte sich offensichtlich rumgesprochen, dass es 2004 trotz Wetter eine runde Sache war) und das Wetter war um einiges besser (Anfang Mai 2005 hätten wir übrigens unsere Schlitten mitnehmen können).
Als ich mit meinen beiden Mitfahrern Mittwoch Abend ankam, kamen die ersten Tri-Michels schon von ihrer Einrollrunde, die ca. 30 Kilometer umfasste. Da ich bewusst am Mittwoch einen kompletten Ruhetag eingeplant hatte, hielt sich mein Eifer in Grenzen. Wir räumten lieber erst einmal unsere Sachen ein und weihten sogleich die Terrasse mit Blick auf die gesamte Ochsenwiese ein.

Mir fiel auf, dass schon am Mittwoch trotz der Abwesenheit von Frank Löffler größten Wert darauf gelegt wurde, zwei Plätze in der Küche für Gerstensaft zu reservieren. Links neben der Tür stapelten sich zwei Kisten Bier und im Eisschrank hatte ich Mühe, verderbliche Ware wie Butter und Käse unterzubringen. Auch für meine drei Wasserkisten und Apelsaftkartons musste ich mir einen Platz suchen, denn in der Küche war Platz Mangelware. Es fehlte eigentlich nur noch ein Schild mit der Aufschrift: Reserviert für weitere Bierkisten von Frank Löffler. Da war ich mit meinem Six-Pack Holsten-Knight offensichtlich sehr bescheiden, wollte ich diese doch auf vier Abende verteilen...

Am nächsten Morgen sortierten wir uns nach eigenem Ermessen in die Radgruppen ein. Stefan Bley, trotz leichter Kopfschmerzen vom Vorabend und ich schlossen uns der Gruppe um Uwe an, der auch Ingo Wagner und Christian Ewert angehörten. Bei kuscheligen 25 Grad spulten wir gemäßigt anspruchsvolle 80 Kilometer ab. Da ich schon immer anders als andere Kinder war, freute ich mich auf jeden Berg, solange es bergauf ging und machte mir fast in die Hose, wenn es wieder bergab ging. Schnell war der Name Brems-Michel geboren. Da wir uns angewöhnt hatten, oben auf dem Berg auf die anderen zu warten, war ich am Ende immer der Letzte, wurde mir doch so die Chance verwehrt, die gutgemachte Zeit auf den Berg durch gemächliches, unaerodynamisches Herabrollen in etwa die Waage zu halten mit denen, die auf den Berg etwas länger brauchten, sich dafür umso todesmutiger die Berge herabstürzten.

Weil Stefan und ich direkt im Anschluss Koppeln wollten, hängten wir an die 80 Kilometer noch 20 ran, da wir das mit der Schlüsselorganisation noch nicht ganz im Griff hatten.

Nach einem relaxten Nachmittag im Schatten überlegten wir, ob wir unser Grillgut gleich am ersten Grillabend verfeuern oder doch lieber im Dorf nach einem Döner Ausschau halten. Wir entschieden uns für den Döner, was sich aber kulinarisch höchstens als Sattmacher entpuppte, denn von Schmecken konnte beim Besten Willen nicht die Rede sein. Auf der Ochsenwiese wieder angekommen, wurden sämtliche Sorgen, uns könnte es an Bier mangeln, in Form von Frank Löffler beseitigt. Kaum aus dem Wagen, warf er uns ein kurzes Hallo zu, ging zurück, machte den Kofferraum auf und schleppte drei weitere Bierkästen in Rekordtempo in Hütte 44. Hätte er drei Hände gehabt, hätte er mit der dritten Hand wahrscheinlich währenddessen noch eine Flasche getrunken. So musste er dies auf danach verschieben. Ich überlegte noch, wo er die jetzt hinstellen will, aber für diese Frage hatten meine Zimmergenossen kein Ohr.

Leicht angemüdet verzog ich mich ins Bett, nicht ohne vorher einen Blick in die Küche zu werfen. Es war klar, wo ein Großteil der Hütte die Prioritäten sah. Es gab mehr Bier als Wasser.

Am nächsten Morgen wurde die Gruppe um Uwe größer. Neben Ingo, Stefan, Christian und mir gesellten sich noch weitere Fahrer zu uns und so spulten wir an diesem noch wärmeren Tag 118km ab. Der gestrige Tag hatte mich noch nicht so mitgenommen, auch wenn die frischeren Fahrer natürlich etwas zügiger die Berge hochfuhren. Während die eine Gruppe St. Andreasberg abwärts passierte, mussten wir diesen Berg herauf. Angeblich hat mich Tobias beim Erklimmen des Berges gesehen, aber in dem Moment hatte ich einfach kein Ohr für Zurufe von außen. Sorry Tobi, hast ein gut bei mir.

Nach der Tour ging ich mit Niko noch eine Runde laufen, wobei wir die Laufrunde mit einer Kneip-Session beendeten. Ich wusste gar nicht, dass Kneipen so ein Jungbrunnen sein kann. Zumindest knieabwärts ging es uns wieder gut. Meine herablassende Meinung über kneipende Senioren hat sich jedenfalls mit Eintauchen der überhitzten unteren Extremitäten schlagartig geändert.

Abends widmeten wir uns dann unserem Grillgut, wobei Hütte 44 eines klarstellen möchte. Wir haben uns nicht bewusst abgesondert. In weiser Voraussicht und mit der Erfahrung vom Trainingslager 2004 haben wir deswegen einen Grill mitgenommen, um die Wartezeit am Grill zu verkürzen. Dass wir es diesmal offensichtlich mit wahren Grillprofis zu tun hatten, die praktisch zeitgleich alle Teller mit Gegrilltem ohne lange Wartezeit versorgten, konnten wir ja nicht ahnen. Dass wir uns mit unserem Grill nicht neben Euren Grill gesellt haben, lag daran, dass meine Hüttengenossen nicht so weite Wege wegen des Gerstensaftes gehen wollten. Ich war also in der Tat gespalten, was ich tun sollte. Mir es mit meinen Hüttengenossen zu verscherzen, oder neben Brems-Michel auch Spalt-Michel genannt zu werden.

Am nächsten Tag musste ich den Strapazen vom Vortag etwas Tribut zollen. Es war richtig heiß und wir fuhren 136km, wobei ich diesmal sowohl bergauf, als auch bergab meist als letzter einrollte. Mein Tagesziel hieß, den Sichtkontakt zu halten und das gelang mir weitgehend. Ich hatte meine Körner weitgehend verschossen und mir die Cappuccino-Gruppe am 4. Tag redlich verdient. Trotzdem lief ich nach den 136km noch einmal um den Block, auch in Hinblick auf das Kneip-Becken, was an der Strecke lag.

Abends bewährte sich die Mitnahme eines weiteren Grills, denn es schüttete richtig. Das war allerdings auch bitter nötig, denn allmählich begann die Luft zu stehen. Auf der ein oder anderen Fahrt in ein Dorf oder einer Stadt hatte man oft das Gefühl, in eine warme Wand zu fahren. Das sorgte auch dafür, dass Gourmets das Radfahren bei hochsommerlichen Temperaturen lieber bleiben lassen sollten. Es sei denn, sie stehen auf warmes Wasser, warme Apfelschorle, warme Mineraldrinks, warme Bananen und Riegel.

Zurück in Haus 44 bestand der Ehrgeiz anscheinend darin, fünf Kisten Bier plus diverse Six-Packs an drei Abenden zu vernichten, was auch gelang. Am vierten Tag hatten wir nämlich nur noch H-Milch und Kaffee im Haus, hatte Niko doch ausreichend für H-Milch gesorgt. So mussten wir uns überwiegend mit Leitungswasser und Mineralpülverchen behelfen, um unseren Flüssigkeitshaushalt einigermaßen in den Griff zu kriegen.

Die letzte Tour bestand dann aus 75 entspannten Radkilometern, sieht man mal von den paar Bergen ab, die einfach nicht weichen wollten. Da es nicht mehr so heiß war, tat höchstens noch bei den meisten der Hintern weh, was aber mit jedem Kilometer, den wir hinter uns ließen, lockerer gesehen wurde.

Nach Restessen und Besenreinfegen machten wir uns auf den Weg gen Heimat und wussten, dass das nicht das letzte Trainingslager im Harz gewesen sein wird.

Für die Trainingstagebuchführer unter uns noch ein paar Daten. Gefahren bin ich insgesamt 431 Kilometer in nicht ganz 16 Stunden mit einem Gesamtschnitt von 27,32. Und hier schließt sich der Kreis zum letzten Jahr. Letztes Jahr waren es nämlich nur 205 Kilometer in nicht ganz 8,5 Std. mit einem Gesamtschnitt von 24,6. Sollte Training tatsächlich schneller machen?